„Aufhören, wenn es am schönsten ist….“ war Thema in der Ausbildung.
Diese Empfehlung hört man immer wieder in Trainerkreisen. Allerdings ist das eine Empfehlung, die noch vom alten Training mit Zwang kommt. Dabei war es eine sehr gute Möglichkeit, dem Tier zu sagen, was es tun soll. Denn wenn es etwas richtig gemacht hat, dann darf es wieder in den Stall. Das ist eine riesige Belohnung. Denn das Zwangtraining macht das Training ja nicht wirklich Spaß. Und es ist eine riesige Erleichterung, wenn man als Tier der Trainingssituation entkommen kann. Die alten Trainer haben diesen Effekt natürlich sehr wohl beobachtet und verstanden. Das galt für die unterschiedlichen Tierarten, egal ob Hund, Pferd oder z.B. Zirkustiere. Das Entscheidende ist nur, dass all diese Tiere über negative Verstärkung trainiert wurden.
Beim Training über die positive Verstärkung sieht das ganz anders aus. Hier kann es eine Strafe sein, wenn das Training endet. Denn damit geht die Chance verloren, sich etwas zu verdienen. Es liegt also gar nicht im Interesse des Tieres, dass das Training aufhört. Von daher ist es ganz unverständlich, dass so viele Trainer diesen alten Tipp so fraglos übernehmen.
Sollte jemand merken, dass das Aufhören wenn es am Schönsten ist, dass Training beschleunigt, würde ich kritisch hinterfragen, ob das Training wirklich über positive Verstärkung erfolgt. Denn nur, wenn das Tier nicht wirklich Spaß am Training hat, kann das Beenden eine gute Idee sein.
Ein deutliches Beispiel dafür wie sinnfrei dieser Tipp ist, zeigte uns mal eine Hündin bei der Farbunterscheidung. Der Hund sollte Gelb anzeigen. Dafür hatte die Halterin 4 Tischsets, eben in gelb, blau, rot und grün. Sie übte fleißig zuhause und wollte beim nächsten Treffen zeigen, was der Hund gelernt hatte.
Spannend war, dass der Hund bei der Vorführung ca. zu 33,3% auf grün ging, zu 33,35 auf rot und zu 33,3% auf blau. Auffällig war, dass er eben gar nicht auf gelb ging. Das wunderte mich, denn die Trainerin hatte ja gut geübt. Also fragte ich genauer nach. Sie erzählte dann, dass sie immer sofort aufgehört hatte, wenn der Hund es richtiggemacht hat, denn man sollte ja aufhören, wenn es am Schönsten ist. Man sah schön, mit wieviel Spaß die Hündin bei der Arbeit war. Sie wusste zu gut, dass dieser Spaß aufhören wird, wenn sie auf das gelbe Tischset geht. Deswegen vermied sie das natürlich so lange wie möglich.
Im Pferdetraining über positive Verstärkung merkt man es öfter, dass es den Tieren gar nicht gefällt, wenn das Training beendet wird. Je nach Temperament können Pferde auch sehr deutlich einfordern, dass der Trainer gefälligst noch dableiben soll. Das ist dann schön eindrücklich, wenn man das erlebt. Gerade im Pferdetraining ist es daher sehr wichtig, dass man das Trainingsende sehr wohl überlegt. So ist es z.B. eine Möglichkeit, dass man das Pferd im Anschluss ans Training auf die Weide schickt. Man kann das Training beenden indem man dem Pferd den Rest Futter zum Fressen gibt. Oder man muss das Ende ganz unvorhersehbar machen. Es gibt also verschiedene Möglichkeiten.
Diese Beispiele zeigen sehr schön, dass es für die Tiere keine Belohnung ist, wenn das Training aufhört. Daher wird es höchste Zeit, diese Praxis zu überdenken.
Es gibt eine Ausnahme: Wenn man sehr anstrengende Übungen macht oder Übungen bei denen die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist, dass das Tier sie ohne weiteres wiederholt, dann ist es sinnvoll, mit dieser Übung aufzuhören, nicht jedoch mit der ganzen Trainingssession. Dann könnte man das Tier noch einige leichte Übungen machen lassen und erst später aufhören.
Dieser Ratschlag „Aufhören, wenn es am Schönsten ist ist“ ist also ein Trainingstipp, der aus dem Training über negative Verstärkung kommt. Den sollten wir beim Training über positive Verstärkung nicht einfach so unreflektiert übernehmen.
Hallo Viviane,
ein sehr schöner Artikel! 🙂 Ich kündige das Ende einer Trainingseinheit immer mit dem Wort „Pause“ und einer Handbewegung an. Man sieht bei beiden Hunden, dass sie das Wort nicht so gern hören und ein wenig Enttäuschung mit im Spiel ist. Ich gebe beiden dann meist ein „Gratisleckerlie“ als kleines Trostpflaster. 😉
Liebe Grüße,
Marleen
Kluge Gedanken, Viviane =:o)
Der schwierigste Teil der Trainingseinheit ist auch für mein Pony meist das Verlassen des Trainingsplatzes und, nach einem Reitspaziergang, die Rückkehr auf die Koppel. Da muss ich mir immer etwas Besonderes einfallen lassen oder die Superleckerlis zücken. Hm, also ist wohl eher MEIN schwierigster Teil… =;op
Oft hänge ich noch eine kleine Übungseinheit auf der Koppel an die dann sehr hoch belohnt wird und es gibt sowohl für die „Pause“ als auch für’s „Feierabend“ eine ausgiebige Portion und ein dolles Kraulen.
Was für ein gutes Gefühl, daß unsere Zusammenarbeit auch von Okkie so geschätzt wird =:o))
Das ist dann mein Keks!
Liebe Grüße,
Birgit
Hallo Viviane,
voll interessant, da habe ich mir tatsächlich noch nie drüber Gedanken gemacht und das „hör auf wenn’s am besten klappt“ ungefragt akzeptiert – dabei ist deine Ausführung so logisch! Ich glaube ganz so haben wir’s eh nie getrieben, da meine eine Recht kurze Aufmerksamkeitsspanne hat und daher Trainingseinheiten sowieso recht kurz sind und da wir eigentlich immer mit einem kleinen Spiel aufhören habe ich auch nicht das Gefühl sie frustet zu sehr. Allerdings habe ich lange genug den Tipp befolgt, nimm das Spielzeug weg wenn es am schönsten ist, dann wird es interessanter. Das konnte ich aber nie feststellen (vielleicht auch weil ich zu inkonsequent war?!) und jetzt da sie auch nach dem gemeinsamen Spiel noch selbst mit den Spielzeugen spielen darf wenn sie will (und sie die nicht sofort zerstört) haben wir noch genauso viel, wenn nicht mehr, Spaß als vorher – einfach weil dieser Kontrollzwang wegfällt und das Spiel nicht immer im Frust endet. Und wenn sie jetzt doch mal keine Lust auf ein Spielzeug hat mit dem sie vor kurzem ausgiebig gespielt hat darf sie sich halt einfach ein anderes aussuchen 🙂 .
Liebe Grüße,
Uta
Hallo Viviane
kann ich voll und ganz bestätigen!
Speziell nach einer Clickersession sieht man ihnen richtig an, wie sie nach dem Fertig-Signal ungläubig gucken. Der Papillon fordert mich dann zum Teil richtig vehement auf weiter performen zu dürfen. Er fixiert mich…dann gibts ein Wuff und falls ich immer noch nicht reagiere, springt er zur Verdeutlichung an mir hoch. Je nach dem, was wir grad geübt haben, bietet er dies unter Aufmerksamkeits heischenden Wuff nochmals an. Meine RR Hündin fordert mich schon mal fiepend auf, weiter machen zu dürfen. Nur die BordeauxDogge findet es oft gemütlicher nach den Trainingseinheiten die Sonne auf der Terrasse geniessen zu dürfen.
sonnige Grüsse aus Lanzarote
Liz
Diese Erkenntnis war eine meiner ersten bei der Hühnermodulen. Und ich habe ein paar Wochen „drauf rum gekaut“, bevor ich das wirklich akzeptieren konnte. Heute ist mir das so selbstverständlich. Aber damals ist eine Welt für mich zusammengebrochen.